In Hannover wurde am Mittwoch, 28. August, die 2.000. Anerkennung einer im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikation an einen serbischen Industriemechaniker überreicht. Deutschlandweit kommt aktuell jede zehnte Anerkennung ausländischer Abschlüsse bei den IHK-Berufen aus der Wirtschaftsregion der IHK Hannover. In einem bundesweit einmaligen Modell bietet die IHK Zuwanderern hier kurze Wege und persönliche Hilfestellung in über zehn Sprachen, mit einer doppelt so hohen Erfolgsquote wie im Bundesdurchschnitt.
Ab 2020 wird die Anerkennung ausländischer Qualifikationen durch das neue Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung noch weiter aufgewertet und künftig vorausgesetzt, um gezielt Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten zu rekrutieren. Die Wirtschaftsregion Hannover hat durch den IHK-Service im Standortwettbewerb gute Voraussetzungen, um gezielte Zuwanderung von neuen Mitarbeitern mit beruflicher Ausbildung aktiv zu fördern.
„Fachkräftemangel ist heute das Top-Risiko für die weitere Entwicklung in unseren Unternehmen und wird sich durch die demografische Entwicklung noch deutlich verschärfen. Zuwanderung ist kein Allheilmittel, aber im Gesamtprogramm der Fachkräftesicherung ein wichtiger Baustein für die niedersächsische Wirtschaft“, sagt Dr. Horst Schrage, Hauptgeschäftsführer der IHK Hannover. „Besonders gefragt sind in den nächsten Jahren Zuwanderer mit beruflicher Ausbildung, die wir in den EU-Staaten nur noch teilweise finden und daher viel stärker aus Drittstaaten nach Deutschland holen müssen. Wir haben in ein eigenes Service-Modell-Anerkennung investiert, um auch diese dringend benötigten Fachkräfte schnell für unseren Arbeitsmarkt zu erschließen.“
Darko Trboljevac ist vor vier Jahren nach Deutschland zugewandert. Bei der VSM. Vereinigte Schmirgel- und Maschinenfabriken-AG hat er über Zeitarbeit als Produktionshelfer begonnen und ist heute in der Stammbelegschaft fest integriert. In seiner Heimat hatte der 35-jährige Serbe eine vierjährige Ausbildung zum „Mašinski tehnièar – IV Stepen“ (Maschinentechniker der IV. Stufe) in Leposavić absolviert. Die IHK Hannover hat in den letzten Monaten die Gleichwertigkeit seines Abschlusses zum deutschen Ausbildungsberuf Industriemechaniker geprüft und voll anerkannt.
„Wir freuen uns, dass Herr Trboljevac seine in Serbien erworbene Berufsausbildung hier in Deutschland anerkennen lässt“, sagt Bernhard von Heyl, Vorstandsvorsitzender der VSM · Vereinigte Schmirgel- und Maschinen-Fabriken AG. „Das unterstreicht auch, dass er in Deutschland und bei der VSM AG seine Zukunft sieht.“
„Die Anerkennung meines Berufsabschlusses ist der erste Schritt“, sagt Darko Trboljevac. „Ich möchte mehr erreichen. Ich arbeite gerne bei der VSM AG und möchte mich noch weiter qualifizieren. Ich sehe, was möglich ist, und das ist Ansporn genug.“
„Als Darko Trboljevac vor gut vier Jahren zur VSM kam, sprach er wenig Deutsch, aber er wollte unbedingt fest bei uns anfangen“, erinnert sich Joachim Zahl, Leiter der Hauptbetriebe bei VSM. „Das hat er nach einem guten Jahr Zeitarbeit auch geschafft. Ich bin sicher, dass er auch das nächste gesteckte Ziel erreichen wird und wir ihn gerne auf seinem Weg unterstützen werden. Das freut mich persönlich und erfüllt mich auch mit Stolz.“
Zuwanderer und Flüchtlinge, die ihren Beruf im Ausland erlernt haben, können ihre Abschlüsse seit sieben Jahren in Deutschland anerkennen lassen. Die Industrie- und Handelskammer Hannover bietet dafür einen speziellen Service zur ortsnahen Bearbeitung und Entscheidung für über 250 IHK-Ausbildungsberufe an, der nach wie vor in Deutschland einmalig ist.
In der Anerkennungsstelle der IHK Hannover ist eine Anerkennung bisher am stärksten durch Zuwanderer aus Syrien, Polen, Spanien, dem Iran und der Türkei gefragt. Erfolgreich anerkannt wurden aber auch bereits Abschlüsse aus Uganda, Mali, der Mongolei und Nepal. Auf dem Arbeitsmarkt besonders begehrt sind Zuwanderer, die einen Abschluss aus dem gewerblich-technischen Bereich mitbringen. Unter den Top-5 der durch die IHK Hannover anerkannten Berufe sind vier technische Ausbildungen zu finden, vom Industriemechaniker bis zum Fachinformatiker.
Den Weg für beruflich qualifizierte Zuwanderer aus Nicht-EU-Staaten nach Deutschland weiter öffnen soll das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das am 1. März 2020 in Kraft treten wird. Ein konkretes Arbeitsplatzangebot in Deutschland bleibt eine wesentliche Voraussetzung für die Zuwanderung. Ergänzend können künftig Fachkräfte aus Drittstaaten mit einer Berufsausbildung aber auch für sechs Monate befristet zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland kommen. Vorausgesetzt, ihr Abschluss wurde voll gleichwertig zur deutschen dualen Ausbildung anerkannt. Diese Hürde ist relativ hoch.
Rund 60 Prozent der Anerkennungen ausländischer Abschlüsse bei der IHK Hannover kommen aktuell bereits aus Ländern außerhalb der EU. In der Praxis kann aber bisher nur jeder zweite bei der IHK Hannover geprüfte Abschluss sofort einem deutschen Ausbildungsberuf voll gleichgestellt werden. Im anderen Fall wird der Abschluss erst einmal teilweise anerkannt und die fehlenden Qualifikationen können – auch berufsbegleitend – nachgeholt werden.
„Wir werden es uns künftig nicht leisten können, gut ausgebildete Fachkräfte von unserem Arbeitsmarkt abzuschotten, weil sie mit ihrem Abschluss nicht sofort kompatibel sind“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Schrage. Die teilwertige Anerkennung sollte ausreichen, um hierzulande befristet einen Arbeitsplatz suchen zu dürfen und sich dann im Job bis zur vollen Anerkennung weiter zu qualifizieren.
Angesichts des weltweiten Wettbewerbs um gut ausgebildete Fachkräfte sollte deren Weg nach Deutschland gezielt einfach gestaltet werden, von der Visa-Vergabe bis zur Anerkennung ihrer Ausbildung. Und im Ausland muss dann viel intensiver für die Zuwanderung beruflich Qualifizierter geworben werden.