Alles aus einer Hand: Das hannoversche Qualifizierungsprojekt für Menschen mit Migrationshintergrund läuft seit zwei Jahren. Es soll den Teilnehmer, in vielen Fällen Geflüchtete, nach Möglichkeit zu einem Job verhelfen. Zeit für eine erste Bilanz.

 

Es ist auch in Nürnberg aufgefallen: Aus dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit kam Daniel Terzenbach nach Hannover, um sich zusammen mit der hannoverschen Bundestagsabgeordneten Kerstin Tack das Projekt „Alles aus einer Hand“ anzusehen. In dieser Form einmalig arbeiten hier verschiedene Träger zusammen, um Menschen mit Migrationshintergrund einen Berufsstart zu ermöglichen, in einer Ausbildung oder in einem Job, der ihren Qualifikationen entspricht.

Seit zwei Jahren läuft das Projekt der drei Träger Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft, Berufsfortbildungswerk des DGB und Bildungsvereinigung Arbeit und Leben. Vor Ort sind fünf Mitarbeiter des Jobcenters Hannover präsent, was zum Projektnamen „Alles aus einer Hand“ passt. Und was sicher auch ein Grund für den Besuch Terzenbachs war.

Der neue Vorstand der Bundesagentur – in diesem Frühjahr rückte Terzenbach in das Gremium auf – nahm aus Hannover mit, dass in den vergangenen zwei Jahren gut 2300 Migranten die erste, so genannte Clearingphase durchlaufen haben. Und aktuell kommen jeden Montag weitere 30 hinzu. In dieser ersten Woche werden Qualifikationen und Potenziale festgestellt, wobei es neben den Deutschkenntnissen auch um die jeweilige Lebenssituation geht. Dann folgt mit der Aktivierungsphase ein zweiter, für die Qualifizierung wesentlicher Abschnitt. Sechs Monate, höchstens jedoch ein Jahr lang geht es im Kern um Berufspraxis: Gastronomie und Ernährung, Lager- und Logistikberufe, Handel, Pflege, Friseur und Kosmetik, Metall, Holz, Bau und Raumgestaltung – in diesen Arbeitsfeldern haben seit 2017 mehr als 1700 Migranten Erfahrung gesammelt. Ergänzt wird das durch Sprachkurse. Das Projekt steht auch Menschen ganz ohne Deutschkenntnisse offen. Hinzu kommen Angebote etwa zur sozialpädagogischen Betreuung, zur Stressbewältigung oder zur Gesundheitsorientierung: Das Projekt, das mindestens auch in den kommenden beiden Jahren weitergeführt wird, ist bewusst ganzheitlich angelegt. Alles aus einer Hand eben.

Das Ziel, in einen sozialversicherungspflichtigen Job zu kommen, haben bislang etwas mehr als 22 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geschafft. Vorgenommen hatten sich die Projektträger 20 Prozent. Und die anderen? Für manche geht es auf anderen Wegen weiter – Nachholen eines Schulabschlusses zum Beispiel. Die Projektverantwortlichen betonen aber, dass unabhängig vom individuellen Erfolg der Kontakt mit den Migranten und deren intensive Betreuung eine große Fülle an Informationen über die Integration bringt.

Die meisten der Menschen, die im hannoverschen Qualifizierungsprojekt erfasst werden, stammen aus den Hauptherkunftsländern von Flüchtlingen. Insgesamt sind aber 84 Nationalitäten vertreten, aus Afrika, aus EU-Staaten, auch aus Russland und sogar zwei aus Neuseeland. 72 Prozent stehen ohne Ausbildung oder Schulabschluss. Allen gemeinsam ist aber, dass sie bei der Aufnahme in das Projekt auf Hartz IV angewiesen sind.

Für Daniel Terzenbach, im Vorstand der Bundesarbeitsagentur für Regionen zuständig, hat „Alles aus einer Hand“ Vorbildcharakter. Er nannte das Projekt eine Blaupause, „ein Beispiel, von dem andere lernen können.“ Antworten auf die aktuelle Arbeitsmarktsituation müssten heute auch viel lokaler gefunden werden als noch vor einem Jahrzehnt. Terzenbach sprach außerdem davon, dass Flüchtlinge mehr und mehr als Migranten gesehen werden sollten, also nicht anders Menschen, die aus anderen Gründen nach Deutschland gekommen sind. Auch dazu leiste das hannoversche Projekt einen Beitrag.

Die Bundestagsabgeordnete Kerstin Tack sieht in „Alles aus einer Hand“ ebenfalls ein Modell mit Vorbildcharakter. Sie betonte, dass das System der beruflichen Qualifikation international einmalig sei. Seine Einmaligkeit, so Tack, mache das System aber auch erklärungsbedürftig: Über das hannoversche Modell können Menschen mit Migrationshintergrund damit vertraut gemacht werden.

 

Angehende Friseurinnen und Friseure: BA-Vorstand Daniel Terzenbach spricht mit Projektteilnehmern.

 

 

 

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