Lockerung heißt nicht Lockerheit. Das zeigt sich in diesen Tagen auch bei den Anbietern touristischer Busreisen. Sie dürfen zwar wieder fahren und Reisen anbieten, doch nur mit hohen Auflagen. Selbst wenn es gut läuft, ist die Hälfte der Saison bereits gelaufen.

Teil 1 – Artal Reisen
Bei Artal sind fünf Fahrer schon weg. Sie waren seit dem Corona-Stopp im März in  Kurzarbeit. Warum genau und wohin es sie zieht, kann Kay Artal nur vermuten. Aber der Geschäftsführer von Artal-Reisen weiß, dass es für die Leute schwer ist, mit dem  gekürzten Gehalt und ohne Reisekosten, Spesen und Trinkgelder auszukommen. Und  wann es wieder besser wird, kann ihnen auch ihr Chef nicht sagen. „Es gibt derzeit keine
Perspektive und das ist das Schlimmste, sagt Artal.

Die Vermietung von Reisebussen mit Fahrer an Gruppen – vom Kegelclub bis zur Schulklasse – ist das Kerngeschäft der beiden Artal-Reisen GmbHs, die von den Brüdern Kay und Mike Artal y Galán geführt werden. Ihr Vater Agustin kam als spanischer Gastarbeiter aus der Nähe von Madrid nach Hannover, wo er 1972 mit einem alten Reisebus von Beckmann Reisen das Unternehmen gründete. Seine Söhne sind heute Geschäftsführer der zwei eigentlich eigenständigen Unternehmen Artal in Stuhr und Artal in Isernhagen. Allerdings sind sie dennoch stark vernetzt. Seit Mitte März herrschte Stillstand bei den Artals, genauso wie bei allen anderen Bustouristikern wie Schörnig oder Beckmann Reisen.

Geschäft braucht langen Vorlauf
Im Prinzip können die Brüder seit Juni ihre insgesamt 13 Busse (zehn in Hannover, drei in  Stuhr) wieder losschicken. Aber bislang gibt es niemanden, der mitfahren möchte. „Ich hatte jetzt seit Wochen mal wieder Anfragen. Allerdings für den Dezember, Januar und Februar“, erklärt Artal Anfang Juni. Seine Kunden brauchen einen gewissen zeitlichen Vorlauf. Und für die nächste Zeit ist alles abgesagt. Einige Klassenfahrten stünden noch im Kalender. „Wahrscheinlich haben die Lehrer vergessen, die abzusagen“. Laut den Aussagen des niedersächsischen Kultusministers soll es dieses Jahr keine Fahrten der
Schulen mehr geben. „Fast sechzig Prozent unseres Umsatzes sind damit schon weg“, beschreibt es der Unternehmer. So groß ist der Anteil der Fahrten und Reisen mit Jugendlichen und Schülern. Und ob es Gruppenfahrten mit älteren Fahrgästen in diesem Jahr noch geben wird, ist derzeit ungewiss.

Kay P. Artal, Geschäftsführer der Artal-Reisen GmbH aus Stuhr. Auch bei Artal sitzt der Chef selbst am Steuer. Das Bild entstand bei einer Reise nach London. Foto: Artal.

Kay P. Artal, Geschäftsführer der Artal-Reisen GmbH aus Stuhr. Auch bei Artal sitzt der Chef selbst am Steuer. Das Bild entstand bei einer Reise nach London. Foto: Artal.

Gut drei Monate hatte sich Artal selbst gegeben, als es im März zum kompletten Stillstand kam. Länger ohne Einnahmen auszukommen, erschien dem 42-Jährigen zunächst unvorstellbar. Doch mit Soforthilfe und Kurzarbeit gelang es, zumindest einen Teil der Kosten zu decken und auch die genossenschaftlich organisierte Hausbank kam dem Unternehmen bei der Finanzierung der Busse entgegen. „Wir konnten die Raten komplett aussetzen und quasi die Laufzeit hinten raus verlängern. Das erleichtert es uns natürlich ungemein. Das hatten wir so nicht erwartet“, sagt der Unternehmer. Er wisse von anderen aus der Branche, bei denen die Finanzierer deutlich weniger Entgegenkommen
gezeigt hätten. Für die Brüder Artal ist die Lage besonders schwierig, da sie davon abhängig sind, dass sie Anfragen von Gruppen bekommen. Die Hälfte der Saison ist bereits um und spontane Buchungen gibt es bei ihnen nur in Ausnahmefällen.

Weiterlesen:
– Schörnig Reisen (Teil 2)
– Beckmann Reisen (Teil3)

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