Im Rahmen einer „Entlastungsoffensive Mittelstand“ hat Niedersachsens Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zum Bürokratieabbau vorgestellt. Erklärtes Ziel ist es, die in der Corona-Krise deutlich gewordene Dynamik aufzugreifen.

 

+++ Aktualisiert am 26. August: IHKN unterstützt Bürokratieabbau +++

Eine deutliche Senkung der Bürokratiekosten als bestes Konjunkturprogramm während und nach der Corona-Krise: Erreichen will Bernd Althusmann das mit einer aktuell rund 50 Einzelpunkte umfassenden Liste von Vorschlägen zum Bürokratieabbau, mit denen Unternehmen entlastet werden sollen. Wie groß das Potenzial ist, zeigt nach seinen Worten ein Blick auf das Bürokratieentlastungsgesetz: Allein die 13 darin vorgesehen Maßnahmen ließen die deutsche Wirtschaft 1,1 Mrd. Euro jährlich sparen.

Industrie- und Handelskammern unterstützen Pläne für Bürokratieabbau

Die niedersächsischen Industrie- und Handelskammer unterstützen grundsätzlich die jetzt vorgestellte Agenda. Hendrik Schmitt, Hauptgeschäftsführer der IHK Niedersachsen (IHKN), wies auf die hohe Belastung der Unternehmen durch Bürokratie hin. Die Unternehmen in Niedersachsen beklagen besonders bei Planungsvorhaben den hohen bürokratischen Aufwand und die fehlende Digitalisierung der Verwaltung. In der Liste seien auch Vorschläge berücksichtigt, die von den Industrie- und Handelskammern an das Wirtschaftsministerium herangetragen wurden.

Erarbeitet wurde der Maßnahmenkatalog, wie ihn Althusmann im Rahmen der sogenannten Entlastungsoffensive Mittelstand im August in Hannover vorstellte, von einer 2018 gegründeten dreiköpfigen Stabsstelle Bürokratieabbau. Bis dahin, machte der Wirtschaftsminister deutlich, habe das Thema eine Nebenrolle gespielt, jedenfalls bei der personellen Ausstattung. Für die Vorschlagsliste wurden auch die anderen Landesministerien einbezogen, mit unterschiedlicher Resonanz, wie der Wirtschaftsminister zu verstehen gab.

Bürokratieabbau-Pläne: Auswahl der Maßnahmen

Bei der Vorstellung der Maßnahmen, die teils vom Land und teils vom Bund umgesetzt werden müssten beschränkte sich Althusmann auf eine Auswahl – zum Beispiel:

  • Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Dokumente von zehn auf acht Jahre
  • Änderung des Arbeitszeitgesetzes von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit
  • Verbandsklage im Bundesnaturschutzgesetz auf Verbände begrenzen, die im jeweiligen Bundesland anerkannt sind
  • Vereinfachungen im Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetz etwa mit einer Erhöhung des Bagatellbetrags von 3000 auf 5000 Euro
  • Änderung des Niedersächsischen Straßengesetzes, damit man sich beim Bau von Zufahrten oder Gebäuden an Landes- oder Kreisstraßen nur noch an eine Genehmigungsbehörde wenden muss
  • Nutzung bereits bestehender Ermessensspielräume, um auf Raumordnungsverfahren zu verzichten
  • Gebührenanpassung bei anlasslosen Lebensmittelkontrollen, die Unternehmen ohne oder mit geringen Beanstandungen entlastet, aber bei eklatanten Verstößen abschreckend wirkt
  • Überarbeitung des vor allem für industrielle produzierende Unternehmen entwickelten Hygieneleitfadens für Bäckereien und Konditoreien, um kleinere Handwerksbetriebe zu entlasten
  • elektronische Veröffentlichung von Amts- und Ministerialblättern

Die einzelnen Maßnahmen sind in ganz unterschiedlichen Stadien der Umsetzung. Althusmann sprach beispielsweise die Clearingstelle an, deren Einrichtung im März beschlossen wurde und die bei der IHK Niedersachsen eingerichtet wird. Die Stelle soll im Spätsommer die Arbeit aufnehmen und bei Gesetzesvorhaben die Ministerien beraten, um unnötige Bürokratie früh zu vermeiden. Eine entsprechende Einrichtung gibt es bereits in Nordrhein-Westfalen. Der Wirtschaftsminister wies auch auf den im Februar eingerichteten „Bürokratie-Melder“ auf der Website des Wirtschaftsministeriums hin. Eine solche Möglichkeit sei auch auf Bundesebene sinnvoll. Althusmann sprach außerdem eine Änderung der Geschäftsordnung der niedersächsischen Landesregierung an: Danach werden EU-Richtlinien in Niedersachsen 1:1 umgesetzt und nicht weitergehend als von Europa gefordert.

Auch die Sonntagsöffnung bis Ende des Jahres taucht in der Liste auf: Althusmann bezeichnete die vom Wirtschafts- und vom Sozialministerium zusammen mit Wirtschaftsvertretern, Kirchen und Gewerkschaften gefundene Lösung als „Minimalkonsens“. Trotz der Mehrwertsteuersenkung, die einen Schub gebracht habe, sei die Situation im Handel extrem angespannt. Er wollte keine ideologische Diskussion um den Sonntagsschutz, es gebe aber jetzt auch darum, „so manchen Betrieb zu retten“. Er wies auf die Möglichkeiten zur Begründung von Verkaufsöffnung hin und äußerte den Wunsch, dass es keine Klagewelle gegen Sonntagsöffnungen geben werde.

Auf Bundesebene will sich Niedersachsens Wirtschaftsminister dafür einsetzen, dass während der Krise Melde-, Statistik, Prüf- und Berichtspflichten ausgesetzt werden. Nach der Pandemie soll das überprüft werden, ob man dauerhaft auf diese Pflichten verzichten könne.

Wann, wenn nicht jetzt? Für den Standort Deutschland sei die Corona-Krise auch eine Gelegenheit, dringend notwendige Reformen einzuleiten, sagte Althusmann. Immer wieder wurde in den vergangenen Monaten drauf hingewiesen, was in der Krise möglich war und wie schnell Vorgaben geändert oder Förderprogramme auf den Weg gebracht werden konnten. Und wie ein Mantra wurde beschworen, diese Dynamik über das Ende der Krise hinweg zu erhalten. in der Stabsstelle Bürokratieabbau unter der Leitung von Vanessa Albowitz spürt man tatsächlich aktuell eine Aufbruchsstimmung, und das auch in anderen Bundesländern: Die Bereitschaft für Veränderungen sei da. Die Niedersachsen sehen sich dabei zusammen mit Nordrhein-Westfalen und Bayern durchaus in einer führenden Position. Eine entscheidende Rolle spielt dabei auch die Digitalisierung, die in der Krise einen wesentlichen Schub auch in der öffentlichen Verwaltung bekommen hat.

Trotz aller Bereitschaft zur Veränderung: Das Thema erfordere nicht nur einen langen Atem, sondern auch einen Mentalitätswandel und sei auch nicht von Niedersachsen alleine zu stemmen, erklärte Bernd Althusmann Ende August in Hannover. Er sieht aber jetzt die Möglichkeit eines echten Befreiungsschlages, um den Bürokratiedschungel in Deutschland zu lichten.

 

 

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Klaus Pohlmann

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