Gegenüber der teilweise rasanten Aufholjagd im vergangenen Sommer hat sich mit dem erneuten Lockdown über den Jahreswechsel die Erholung abgeschwächt. Der IHK-Konjunkturklimaindikator für Niedersachsen legte noch um zwei Punkte zu. Gleichzeitig ist die Lage in vielen Branchen brisant. Die Wirtschaft bewegt sich auf dünnem Eis, so IHKN-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt.
 

Der Konjunkturklimaindikator der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern schob sich im vierten Quartal 2020 von 89 auf 91 Punkte. Er bleibt damit deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 105 Punkten. Das ergab die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage in Niedersachsen mit knapp 2000 Unternehmensantworten.

Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Niedersachsen, zeichnete das Bild einer zweigeteilten Wirtschaft, die sich stark einbruchsgefährdet auf einer Eisdecke bewegt. Stabilität bietet derzeit nur die Industrie: Die Geschäftslage bewegt sich nahezu wieder auf Vorkrisenniveau, auch die Investitionsabsichten sind gestiegen. Hier spiegeln sich die inzwischen wieder höheren Auftragseingänge. Allerdings wird der Auftragsbestand in der Industrie weiterhin überwiegend als zu niedrig eingestuft.

Auf der anderen Seite stehen allerdings insbesondere die durch den zweiten Lockdown erneut getroffenen Branchen. Maike Bielfeldt: „Wir haben unverändert die Lage, dass drei Viertel der Unternehmen mit ihrer Geschäftslage zufrieden sind, aber gleichzeitig vielen Einzelhändlern und Dienstleistern wegen der Schließung ihres Unternehmens die Insolvenz droht.“ Und weiter: „Das Eigenkapital ist aufgebraucht, viele Unternehmen stehen vor dem Nichts.“ Für den Einzelhandel, soweit die Geschäfte nicht öffnen durften, bezeichnete die IHKN-Hauptgeschäftsführerin die Lage seit Mitte Dezember schlicht als „wirtschaftliche Katastrophe.“ Sie wiederholte die Forderung nach schneller Auszahlung der Corona-Unterstützung: „Die Hilfen müssen jetzt fließen, bevor es zu spät ist.“ Bielfeldt kritisierte, dass neben zum Teil technisch bedingten Verzögerungen die Anträge auf Hilfen teilweise noch zu bürokratisch und zu kompliziert.

In Zahlen ergibt sich aus der IHK-Konjunkturumfrage dieses Bild: Die aktuelle Geschäftslage wird von 28 Prozent der (Vorquartal: 22 %) der Unternehmen als gut beurteilt, 47 Prozent (Vorquartal 50 %) sind zufrieden und 25 Prozent (Vorquartal 28 %) nicht zufrieden. Die Erwartungen an die kommenden Monate haben sich trotz des Lockdowns ab Mitte Dezember zum Beginn der Umfrage nur geringfügig verschlechtert. Nicht erfasst werden in der Umfrage allerdings die seit Monaten von den Corona-Beschränkungen besonders betroffenen Unternehmen in der Gastronomie und im Tourismus: Hier gibt es eigene Umfragen jeweils nach Ende der Sommer- und der Wintersaison.

Positiv aus Sicht der Industrie- und Handelskammern: Die starke Geschäftsbelebung nach Ende des ersten Lockdowns im Sommer habe gezeigt, dass die Wachstumskräfte der vergangenen Jahre noch weitgehend intakt sind.

Allerdings: Auch die Impulse aus einer bislang äußerst gut laufenden Branche scheinen sich abzuschwächen. Der Boom der Bauwirtschaft verliert langsam an Schwung. Die Auftragseingänge sind leicht rückläufig, aber der Auftragsbestand ist weiterhin in allen Baubereichen hoch. Wohnimmobilien bleiben gefragt und dürften 2021 zum alleinigen Wachstumstreiber der Branche werden.

Auch im Verkehrssektor wirkt sich der neuerliche Lockdown aus: Das Transportvolumen geht zurück. Die Personenbeförderung in Bussen oder Taxis ist, soweit überhaupt möglich, unrentabel.

Durch die Lage der von den Corona-Maßnahmen betroffenen Wirtschaftsbereiche fällt der Ausblick düster aus: „Die Stimmung kippt gerade in vielen Branchen und schwankt zwischen frustriert und zunehmend auch verzweifelt“, so Maike Bielfeldt. Auch sei es befremdlich, wenn Unternehmen aktuell als Treiber des Infektionsgeschehens dargestellt würden.

Bedrückend sei für die Unternehmen insbesondere die Perspektivlosigkeit, sagte die Hauptgeschäftsführerin: „Nicht allein die Menschen, sondern gerade die durch den Lockdown getroffenen Unternehmen brauchen dringend eine Perspektive.“ Für den Weg aus dem Lockdown sprach sie sich für einen Stufenplan wie bereits im vergangenen Frühjahr aus, der Unternehmen so weit wie möglich eine sichere Orientierung bieten solle. Abgesehen davon gilt: „Impfen, impfen, impfen.“

Hier die Pressemitteilung der IHKN zur Konjunktur im 4. Quartal.

 

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