Continental hat im Geschäftsjahr 2020 deutliche Einbußen bei Umsatz und Ergebnis verzeichnet. Der Automobilzulieferer aus Hannover konnte allerdings etwas besser abschneiden als etwa die weltweite Autoproduktion zurückging. Für dieses Jahr, in dem der Konzern sein 150-jähriges Bestehen feiert, rechnet Conti mit einer leichten Erholung des Markts.

Continental hat sich in einem historisch schwachen Marktumfeld im Geschäftsjahr 2020 noch besser geschlagen, als zunächst erwartet. Bei allen Unwägbarkeiten habe man finanzielle Solidität bewahrt. „Wir sind aber nicht zufrieden“, erklärte Continental-Finanzvorstand Wolfgang Schäfer bei der virtuellen Jahrespressekonferenz am 9. März in Hannover.

Nach vorläufigen Zahlen lag der Umsatz des DAX-Unternehmens im abgelaufenen Geschäftsjahr bei 37,7 Mrd. Euro (2019: 44,5 Mrd. Euro). Die organische Umsatzentwicklung entspricht -12,7 Prozent, während die Produktion von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent zurückging. Conti erzielte eine bereinigte EBIT-Marge von 3,5 Prozent (2019: 7,3 Prozent). Das entspricht einem bereinigten operativen Ergebnis von 1,3 Mrd. Euro (2019: 3,2 Mrd. Euro).

Als sich das Ausmaß der Pandemie und die Auswirkungen auf die Automobilmärkte im Jahr 2020 abzeichnete, hat Continental seine Investitionen in Sachanlagen und Software drastisch zurückgefahren und über das Jahr um rund 1 Mrd. Euro gesenkt. Zu dieser Reduzierung haben alle Geschäftsfelder beigetragen. Die Investitionsquote ging daher auf 5,9 Prozent zurück nach 7,4 Prozent im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Dagegen hielt Continental 2020 die Forschungs- und Entwicklungskosten (netto) auf dem Vorjahresniveau von 3,4 Mrd. Euro. Aufgrund des stark gesunkenen Umsatzes erhöhte sich die Quote auf 9,0 Prozent nach 7,6 Prozent im Vorjahreszeitraum.

Verzicht auf Dividende
Continental erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr ein operatives Ergebnis in Höhe von -718 Mio. Euro sowie ein Nettoergebnis von -962 Mio. Euro. Gründe hierfür waren neben der rückläufigen Umsatzentwicklung insbesondere bereits im Oktober 2020 berichtete und im dritten Quartal gebuchte, nicht zahlungswirksame Wertminderungen von Goodwill in Höhe von 649 Mio. Euro (31. Dezember 2020: 655 Mio. Euro) infolge angepasster Marktannahmen. Hinzu kommen 2020 Aufwendungen sowie Wertminderungen auf Sachanlagen in Höhe von insgesamt 998 Mio. Euro, die im Wesentlichen im Rahmen des Strukturprogramms angefallen sind. Auf dieser Basis sowie gemäß der Dividendenpolitik des Unternehmens (d.h. Ausschüttung zwischen 15 und 30 Prozent des Nettoergebnisses) hat der Vorstand – wie bereits mitgeteilt – beschlossen, der diesjährigen Hauptversammlung vorzuschlagen, auf die Ausschüttung einer Dividende für das Geschäftsjahr 2020 zu verzichten.

Conti sieht sich solide aufgestellt
Zum Jahresende 2020 verfügte Continental über ein für ihre Finanzierungsbedarfe äußerst komfortables Liquiditätspolster in Höhe von insgesamt 10,7 Mrd. Euro (2019: 8,0 Mrd. Euro), davon 2,9 Mrd. Euro (2019: 3,3 Mrd. Euro) an flüssigen Mitteln sowie zugesagte, ungenutzte Kreditlinien im Volumen von 7,8 Mrd. Euro (2019: 4,7 Mrd. Euro).

Die Netto-Finanzschulden stiegen gegenüber dem Jahresende 2019 nur leicht um 67 Mio. Euro auf 4,1 Mrd. Euro. Aufgrund des gesunkenen Eigenkapitals erhöhte sich der Verschuldungsgrad – die sogenannte Gearing Ratio – gegenüber dem Vorjahreswert auf 32,7 Prozent (2019: 25,6 Prozent).

2021: Leichte Erholung erwartet
„Das vierte Quartal hat gezeigt: Der Tiefpunkt liegt hinter uns. Das wirtschaftliche Umfeld gewinnt an Fahrt“, erläuterte Continental-Finanzvorstand Wolfgang Schäfer und ergänzte: „Das aktuelle Geschäftsjahr ist aufgrund des Lieferengpasses im Bereich Halbleiter verhalten angelaufen. Die Auswirkungen der andauernden Coronavirus-Pandemie bleiben ein Unsicherheitsfaktor. 2021 bleibt deswegen in Summe herausfordernd. Dennoch rechnen wir mit einer deutlichen Markterholung gegenüber 2020.“ So erwartet das Unternehmen 2021 eine beträchtliche Zunahme der Produktion von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen gegenüber dem Vorjahr um voraussichtlich 9 bis 12 Prozent. Gleichzeitig verwies Schäfer darauf, dass das Unternehmen die Rückkehr auf das Rekordniveau der weltweiten Autoproduktion von 2017 unverändert nicht vor 2025 erwarte.

Continental rechnet auf Basis der Annahmen für die Entwicklung ihrer Märkte und Industrien für das Jahr 2021 mit einem Konzernumsatz von rund 40,5 bis 42,5 Mrd. Euro und einer bereinigten EBIT-Marge von rund 5 bis 6 Prozent.

Setzer: Anpassungen durch Strukturprogramm sichern Erfolg
„Die Umsetzung unseres weltweiten Strukturprogramms ist auf einem guten Weg. An den jeweiligen Standorten arbeiten wir lösungsorientiert mit unseren Sozialpartnern zusammen, um nachhaltige Perspektiven für die betroffenen Mitarbeiter zu schaffen und gleichzeitig die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens zu sichern. Dieser Prozess verläuft nicht überall schmerzfrei. Doch der weltweite Wettbewerb verschärft sich immer mehr. Und nur mit entsprechenden Anpassungen sichern wir künftig unseren Erfolg und dadurch Beschäftigung“, sagte Setzer.

150 Jahre Continental, 150 Jahre im Herzschlag der Mobilität
Im Jahr 2021 begeht Continental sein 150-jähriges Jubiläum und präsentiert ganzjährig in Veranstaltungen, interaktiven Zeitreisen und Publikationen Meilensteine ihrer dynamischen Entwicklung über 15 Jahrzehnte. „Unsere Herzen schlagen für die Freiheit durch Mobilität. Seit ihrer Gründung hat unsere Organisation die Menschen darin unterstützt. Dabei hat sie viele Hochs gefeiert und viele Tiefs gemeistert. Jetzt erleben wir eine tiefgreifende industrielle Zäsur. Wir nutzen sie für unseren Start in eine neue industrielle Ära. Es folgt der nächste entscheidende Schritt: Wir wandeln uns zum globalen Technologieunternehmen für vernetzte Lösungen. Mobilität ist dabei ein Schwerpunkt. Dafür nutzen wir zum einen unsere traditionellen Stärken. Zum anderen weiten wir dafür vor allem die Bereiche Digitalisierung, Software und Sensorik kräftig aus“, erklärte Setzer.

Vom Automobilzulieferer zum Technologiekonzern
Continental hat sich das Ziel gesetzt, zu einem globalen Technologieunternehmen zu werden, das sich auf vernetzte Lösungen im Bereich Mobilität konzentriert. „Damit ist unser Erfolgskurs klar vorgezeichnet. Wir verfolgen ihn entschlossen. Ein Beispiel dafür ist unser Zukunftsgeschäft mit Fahrerassistenzsystemen und Systemen für das automatisierte Fahren. Hierfür bündeln wir alle notwendigen Kräfte und erhöhen unsere Anstrengungen deutlich. Allein in diesem Jahr planen wir, rund 200 bis 250 Mio. Euro zusätzlich aufzuwenden“, sagte Setzer und erläuterte die ambitionierten Ziele des Unternehmens auf diesem Wachstumsfeld: „Wir verfügen in diesem Bereich bereits heute über eine starke Position. Diese bauen wir umfassend weiter aus und erhöhen die Geschwindigkeit, mit der wir uns als Top-Spieler im Markt Autonomous Mobility positionieren. Wir werden die sich aus der hohen Marktdynamik in diesem Bereich ergebenden, attraktiven, zusätzlichen Chancen kraftvoll und konsequent in profitables Wachstum ummünzen. Gleichzeitig öffnen wir uns weiter für die Zusammenarbeit mit Technologiepartnern und Start-up-Unternehmen. Denn die globale Technologieführerschaft für assistiertes und automatisiertes Fahren ist und bleibt unser Ziel.“

Ein Herzstück der beschleunigten Entwicklung im Automotive-Umfeld ist der neue Continental-Supercomputer. Mit dem schnellsten Rechner der Branche wird das Training der KI von Fahrerassistenzsystemen erheblich beschleunigt.

Jetzt Artikel teilen!