Die H&S Anlagentechnik GmbH aus Sulingen hat eine Anlage zum Recycling von Matratzen entwickelt, die sogar das Interesse eines multinationalen Einrichtungskonzerns geweckt hat. Weltweit realisiert das Unternehmen Anlagen und Verfahrenstechniken zur Lagerung, Formulierung und Herstellung von Polyurethanen sowie zur chemischen Umsetzung von PU zu Polyol – dem Stoff, aus dem viele Matratzen bestehen.

Alte Matratzen wandern auf den Müll. Besser gesagt in die Verbrennungsanlage. So war das bislang in der Regel bei den Millionen Matratzen, die jedes Jahr in Deutschland und Europa entsorgt werden. Erst seit einigen Jahren gewinnt auch in diesem Bereich das Thema Recycling mehr Bedeutung. Daran hat ein Sulinger Unternehmen großen Anteil, das ein Verfahren zum chemischen Recycling von Matratzen, die aus Polyurethan (PU)
bestehen, entwickelt hat. Mit den zum Patent angemeldeten Prozessen der H&S
Anlagentechnik können Schaumstoffe in ihre chemischen Grundbestandteile zerlegt und zu einem nicht unerheblichen Teil wiederverwendet werden. „Für die Hersteller von Matratzen und anderen Schaumstoffprodukten bietet das gleich mehrere Vorteile – nicht nur in Sachen Nachhaltigkeit wegen des besseren CO2-Fußabdrucks, sondern auch finanziell“, erklärt der für den Vertrieb zuständige Geschäftsführer Ralf Knief. So können
zwischen 20 und 30 Prozent des Polyols, das zusammen mit Isocyanat reagiert und
zu Schaumstoff wird, durch den Sekundärrohstoff ersetzt werden. Weniger Polyol,
bedeutet einfach gesagt weniger Erdöl, das benötigt wird. Das schont die natürlichen Ressourcen. Und der Energieeinsatz verringere sich auch, sagt Knief.

Ralf Knief. Foto: H&S Anlagentechnik

In den besonderen Zeiten, geprägt von den Folgen des Kriegs in der Ukraine, den Rohstoffknappheiten und gestörten Lieferketten sind das Vorteile. „Aber schon seit
dem letzten Jahr ist das Recycling von Schaumstoffen plötzlich ein großes Thema“, sagt Knief. So hätten inzwischen auch die großen Hersteller die Wiederverwertung für sich entdeckt, was die Sulinger aber nicht beunruhigt. Denn die ersten Anlagen von H&S zum Recycling von Altmatratzen sind bereits seit vergangenem Jahr im Einsatz, in Frankreich und den Niederlanden. „Unsere Nachbarn sind schon etwas weiter als wir“, findet der 56-Jährige. Die Franzosen etwa haben vor Jahren ein landesweites System
zur Verwertung von Möbeln aufgebaut und bei der Suche nach einem Verfahren
für Matratzen sind sie auf den Anlagenbauer aus Niedersachsen gestoßen. H&S
ist hier ein Teil eines Projekts, an dem auch die europäische Tochter eines international tätigen Chemie-Konzerns mitwirkt. In den Niederlanden ist es ein Tochterunternehmen eines globalen Möbelkonzerns, das die Recyclinganlage aus Sulingen für die Verwertung der eigenen Matratzen einsetzt.

Inhaber/Geschäftsführer Rüdiger Schaffrath. Foto: H&S

Als Rüdiger Schaffrath, der heutige Inhaber sowie Geschäftsführer, zusammen mit seinem langjährigen Geschäftsfreund das Unternehmen mit ihren beiden Initialen im Namen 1988 gründeten, ging es zunächst nur um das Handling, die Lagerung, das Pumpen, Rühren und Beheizen der zur  Schaumstoffherstellung benötigten beiden Grundstoffe. Damals wurden vielfach noch Fässer zum Transport und zur Lagerung der Stoffe benutzt, was unter anderem zur Folge
hatte, dass Reste in den Behältern blieben und die Fässer selbst entsorgt werden  wussten. Die zwei Gründer entwickelten eine Kompakttankanlage und später Tanklager, die die Fässer überflüssig machten. Die Konstruktion von Tanklagern sowie Misch- und Dosiereinheiten gehören auch heute noch zum Kerngeschäft von H&S Anlagentechnik, die in ihrer Nische in Deutschland und Europa nur eine Hand voll Mitbewerber haben.

Anlagen sind weltweit gefragt
Eine eigene Fertigung betreibt das Unternehmen nicht. „Allein aufgrund der Größe der Anlagen wäre das oft schwierig. Wir arbeiten aber eng mit langjährigen Partnern zusammen und unsere eigenen Ingenieure begleiten die Kunden von der Planung bis zur Inbetriebnahme“, erklärt Knief, der den Exportanteil am Umsatz auf 85 Prozent schätzt. Die Anlagen von H&S sind weltweit gefragt. Aktuell laufen Projekte in den USA, Mexiko, Osteuropa und Tschechien. Die Zentrale der H&S Anlagentechnik mit der Verwaltung
sowie den Abteilungen Vertrieb und Technik/Projektierung befindet sich in Sulingen, etwa 50 Kilometer südlich von Bremen. Das Unternehmen verfügt zudem über ein Forschungslabor vor den Toren Berlins in Wildau. Keine halbe Stunde entfernt vom Berliner Flughafen ist es auch für internationale Kunden bequem erreichbar. Über einige Jahre war die H&S Anlagentechnik seiner Zeit ein Stück weit voraus. Denn bis in das letzte Jahr hinein bestand kaum Interesse an den Anlagen zum Recycling von Schaumstoffen, an denen das Unternehmen bereits seit etwas mehr als 20 Jahren geforscht hatte. Vor sieben Jahren verkauften die Sulinger erstmals einen Prototypen, der
Produktionsabfälle aus der Schaumstoffproduktion aufbereiten konnte. „Der Verschnitt konnte so der Produktion wieder zugeführt werden“, erklärt Knief. Anstatt die Abfälle zu recyceln hätten viele Schaumstoff- oder Matratzenhersteller die Abfälle aber lieber zu einem beliebten Restprodukt, das in den USA unter vielen Teppichen liegt, verarbeitet oder dorthin verkauft. Solange es einen anderen Weg gab, bestand kein Interesse an einer vergleichsweise teuren Anlage zum Recycling. Allerdings dürften nicht zuletzt auch striktere Verwertungsvorgaben auf europäischer Ebene, etwa die EU-Abfallverordnung, dazu führen, dass sich das Recycling mehr und mehr durchsetzen wird – ganz im Sinne der Nachhaltigkeit.

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