Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Beschluss vom 13. September 2022 (Az.: 1 ABR 22/21) entschieden, dass Unternehmen zur Erfassung der Arbeitszeiten der Arbeitnehmenden verpflichtet sind. Damit folgt das BAG dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2019, wonach Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) die Unternehmen verpflichten müssen, die genauen Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer systematisch und umfassend zu erfassen. Nur so könne sichergestellt sein, dass die im EU-Recht zugesicherten Rechte der Arbeitnehmenden eingehalten werden. Die Bundesregierung arbeitet noch daran, die Vorgaben der EuGH-Rechtsprechung zur Arbeitszeiterfassung in das deutsche Recht umzusetzen.

Praxishinweis:
Durch die Entscheidung des BAG sind alle Unternehmen dazu verpflichtet, die Arbeitszeit der Arbeitnehmenden umfassend zu erfassen.

Zum Fall:
Der antragstellende Betriebsrat (Antragsteller) und die Arbeitgeberinnen (Antragsgegnerin), die eine vollstationäre Wohneinrichtung als gemeinsamen Betrieb unterhalten, schlossen im Jahr 2018 eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit. Zeitgleich verhandelten sie vergeblich über eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeiterfassung. Auf Antrag des Antragstellers setzte das Arbeitsgericht eine Einigungsstelle zum Thema „Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Einführung und Anwendung einer elektronischen Zeiterfassung ein. Nachdem die Antragsgegnerin deren Zuständigkeit gerügt hatte, leitete der Antragsteller ein Beschlussverfahren ein. Der Antragsteller begehrt, dass ihm ein Initiativrecht zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystem zusteht.

Das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) hat den Antrag stattgegeben. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hatte vor dem Ersten Senat des BAG Erfolg. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG in sozialen Angelegenheiten nur mitzubestimmen, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht.

Bei unionskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmenden zu erfassen. Dies schließt ein – ggfs. mithilfe der Einigungsstelle durchsetzbares Initiativrecht des Betriebsrats zur Einführung eines Systems der Arbeitszeiterfassung aus. So heißt es in der Pressemitteilung des BAG.

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 27. Juli 2021, Az.: 7 TaBV 79/20

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