Was tun Unternehmen, um Jugendliche für Ausbildung und Beruf zu interessieren? Einige Best-Practice-Beispiele aus den Mitgliedsunternehmen der IHK.

Hacker-AG – Künnecke

Die Holzmindener Otto Künnecke GmbH hat 2020 mit ihren Auszubildenden am Campe-Gymnasium in Holzminden eine Hacker-AG organisiert. Dabei haben die Schülerinnen und Schüler der elften Klasse ein Halbjahr lang einen Bierdeckel konzipiert und produziert, der die Temperatur des Getränks misst. Betreut wurde das Projekt von drei Künnecke-Azubis aus der Fachrichtung Fachinformatik. Zusätzlich gab es Fachvorträge für die jungen Menschen zu Themen wie Konstruktion, Elektrotechnik, Softwareentwicklung und Marketing aus einzelnen Fachbereichen des Unternehmens. Nach den Treffen bekamen die Schüler Hausaufgaben, die sie bis zum nächsten Termin in vier Wochen erledigen sollten. Da sich das Unternehmen auf die Individualisierung von Produkten und Automatisierung spezialisiert hat, konnten die Schüler gemeinsam mit den Azubis und den Fachkräften ihr eigenes Produkt Schritt für Schritt selbst herstellen. Sie konnten selbst Hand anlegen und aktiv werden beim CAD-Zeichnen, Funktionen beschreiben, 3D-Druck vorbereiten, Programmieren, Montieren, Löten sowie beim Vermarkten ihres Produkts. Über das Projekt hat die Otto Künnecke GmbH Ferienjobber und einen Auszubildenden zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung gewonnen. „Aktuell laufen bei uns sehr viele Ausbildungsprojekte in unserem create:hub und wir arbeiten gerade auf Hochtouren an unserem Exponat für die IdeenExpo. Aber grundsätzlich sind wir weiter sehr an der Hacker-AG interessiert und wollen dieses Projekt zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal anbieten“, erklärt Felix Graf, Softwareentwickler und Ausbilder im Unternehmen.

Ferienjob-Programm – Thimm
Die Thimm Group GmbH + Co. KG mit Hauptsitz in Northeim bietet an einigen Ausbildungsstandorten Ferienjobs in der Produktion an. Damit will der Verpackungshersteller jungen Menschen einen Einblick in einen Industriebetrieb und dessen Berufsbilder bieten. „Neben dem Aufmerksamkeitsaspekt für Thimm als Ausbildungsunternehmen ist es uns ein besonderes Anliegen, Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit bieten, bereits erste Erfahrungen in der Berufswelt zu sammeln und sich ein Taschengeld dazu zu verdienen“, so Sprecherin Nicole Klein. Die Jobber erhalten währen ihrer Einarbeitung auch einen Überblick über das Unternehmen und dessen Produkte und werden von Thimm-Beschäftigten intensiv betreut. „Mit einem Ferienjob können wir den Schülerinnen und Schülern ideal zeigen, was in einer Ausbildung läuft und ob er oder sie Lust darauf hat“, so Katharina Klemm, Betreuerin des Ferienjob-Projekts. Zum Ende finden Feedbackgespräche statt. 2023 haben elf Schülerinnen und Schüler am Ferienjob-Programm teilgenommen. Zwei ehemalige Ferienjobber werden am 1. August eine Ausbildung zur Industriekauffrau & Packmitteltechnologen beginnen.

Schulgütesiegel – Clarios
Melanie Fleig, Ausbildungsleiterin bei beim Batteriehersteller Clarios Germany GmbH & Co KG in Hannover-Stöcken, engagiert sich seit 2017 als Jurorin bei den Auditierungen für das Gütesiegel „Berufswahl- und ausbildungsfreundliche Schule“ in der Region Hannover. Mit dem Siegel werden allgemeinbildende Schulen, die sich besonders im Bereich der Berufsorientierung engagieren und ihren Schülerinnen und Schülern auf diese Weise den Start in die Arbeitswelt erleichtern, ausgezeichnet. Das Siegel gibt es in verschiedenen Regionen Deutschlands. In der Region Hannover sind das Regionale Landesamt für Schule und Bildung, die Region, die Agentur für Arbeit, die Handwerkskammer sowie die IIHK Trägerinnen und Träger des Netzwerks „Berufswahl Siegel Niedersachsen“. Schirmherr ist Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil.

Die 47-jährige Ausbildungsleiterin bringt bei der Beurteilung der Maßnahmen in den Schulen den Praxisbezug und die Unternehmenssicht mit ein. Bei der letzten Auszeichnung 2021 wurden 34 Schulen (12 Haupt- und Realschulen, 3 Förderschulen, 11 Integrierte Gesamtschulen, 4 Kooperative Gesamtschulen, 4 Gymnasien) ausgezeichnet. Das Engagement der Schulen reichte vom Werkstattunterricht mit Einblicken in verschiedene Berufsfelder über Schülerfirmen bis hin zur Vermittlung sozialer Kompetenzen. Die ausgezeichneten Schulen können sich drei Jahre lang mit dem Siegel schmücken und müssen nach Ablauf dieser Zeit erneut ein Audit durchlaufen. „Wir sind sehr daran interessiert, junge Menschen beim Start ins Berufsleben zu unterstützen. Daher engagieren wir uns bereits in den Schulen, um den Schülerinnen und Schüler den Übergang von der Schule ins Berufsleben zu erleichtern. Wir bieten Praktika und Werksführungen und Workshops für Schulklassen an, um bei der Berufswahl Einblicke in den Arbeitsalltag zu geben. Viele Schulen leisten in diesem Bereich ebenfalls hervorragende Arbeit und wir freuen uns sehr, wenn wir mit unseren Informationen ergänzend tätig sein können – getreu unserem Wert ´Gemeinsam gewinnen´. Junge Menschen sind unsere Zukunft und in diese Zukunft investiert Clarios“, berichtet Fleig. Ferner sponsert Clarios – wechselnd mit einem Unternehmen aus dem Handwerksbereich – den Sonderpreis beim Schulgütesiegel, der für herausragendes Engagement oder spezielle Angebote der Schulen vergeben wird. Im Gebiet der IHK Hannover wird das Schulgütesiegel in unterschiedlichen Regionen als Kooperationsprojekt verschiedener Akteure etwa alle drei Jahre durchgeführt.

Medienwoche – Madsack

Die Madsack Medien Campus GmbH & Co. KG der hannoverschen Madsack-Mediengruppe bietet zur Berufsorientierung unter anderem eine Medienwoche an: In den Sommerferien haben Schülerinnen und Schüler ab der zehnten Klasse die Möglichkeit, eine Woche lang die Arbeit der Tageszeitungen, die Film- und Fernsehproduktion bei TVN sowie die verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten kennenzulernen. „An fünf Tagen nehmen sie an vielseitigen und interessanten Workshops und Challenges teil. Ganz vorne mit dabei ist unsere Jugendredaktion MADS oder aber auch unser Social-Media-Team“, berichtet Melissa Gonsior, Referentin Nachwuchsmarketing & Ausbildungsleitung. Die Medienwoche wird von zwei Azubis geplant. 2023 wurden damit eine Auszubildende, eine dual Studierende und zwei Praktikanten für 2024 rekrutiert.

Reitstall – ITE

„Man bekommt neue Mitarbeiter oder neue Auszubildende ganz einfach über Menschen, die andere kennen“, sagt Michael Röver, Personal- und Ausbildungsleiter bei der Intertechnik Elze GmbH & Co. KG (ITE). Im Reitstall waren die Mitarbeitenden des 50-köpfigen Unternehmens besonders erfolgreich: Zwei neue Auszubildende zur Groß- und Außenhandelskauffrau und zwei neue Mitarbeiterinnen, die von den ITE-Beschäftigten beim Reiten angesprochen wurden, sind inzwischen eingestellt. „Das Modell hat viele Vorteile: Die Personen sind schon bekannt mit ihren Stärken und Schwächen und ihrem familiären Umfeld“, so Röver. Das Unternehmen honoriert das Recruiting seines Teams mit Incentives. Die neuen Auszubildenden dürfen sich freuen: Im Februar wurde ITE von der IHK Hannover mit dem Qualitätssiegel „Top Ausbildung“ ausgezeichnet. Das Siegel attestiert Ausbildungsbetrieben anhand eines großen Kriterienkatalogs Spitzenleistungen und besonderes Engagement bei der Umsetzung der betrieblichen Ausbildung und wird erst nach Bestehen eines mehrstufigen Prüfungsverfahren verliehen.

IT macht Schule – comNet

Bei „IT macht Schule“ berichten die Azubis von comNet über ihre duale Ausbildung im IT-Bereich. Foto: comNet.

Das hannoversche IT-Systemhaus comNET GmbH ist seit 2020 Partnerunternehmen bei „IT macht Schule“. Das von der Region Hannover ins Leben gerufene Projekt hat zum Ziel, die Ausbildungsmöglichkeiten im IT-Bereich bekannter zu machen – besonders auch für Mädchen. Inzwischen wird das Projekt von der „IT macht Schule gemeinnützige GmbH“ als Projektträger durchgeführt. Projektpartner sind mittlerweile über 140 Unternehmen, 45 allgemeinbildende Schulen, 14 Landkreise – und die IHK Hannover. „IT macht Schule“ ist auch in Diepholz, Northeim, Göttingen und in weiteren Regionen Niedersachsens präsent. Der Fokus liegt vor allem darauf, IT-Unternehmen bzw. IT-Fachabteilungen von Unternehmen mit Schülerinnen und Schülern für Praktika zusammenzubringen, und sich so für eine spätere mögliche Ausbildung kennenzulernen. Außerdem stellt „IT macht Schule“ den teilnehmenden Unternehmen einen Aufgabenpool mit Fachaufgaben für die Praktikanten zur Verfügung. „Unsere Azubis gehen in die Schulen und berichten den Schülerinnen und Schülern über ihre Ausbildungsberufe im IT-Bereich. Wir bieten dann auch Praktikumsplätze an und suchen nach Leuten, die Interesse haben und motiviert sind. Ein bis zwei Praktikanten pro Jahr kommen über das Projekt zu uns“, berichtet Geschäftsführer Marc Peters. Das Projekt sei allein auch deshalb gut, weil Unternehmen hier mehr Schulen, Schülerinnen und Schüler erreichen würden als über einzelne Schulkooperationen.

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