Die Geschäftslage der niedersächsischen Wirtschaft hat mit der vierten Welle der Pandemie zum Jahresende einen Dämpfer erhalten, bleibt aber aufgrund der oft guten Auftragslage insgesamt positiv.

Den Dämpfer durch die aktuelle Corona-Entwicklung sieht Maike Bielfeldt eher als Gegenwind kurz vor dem Ziel. Grundsätzlich gilt: „Die Wirtschaft sendet positive Signale“, sagte die Hauptgeschäftsführerin Mitte Januar, als sie in Hannover die Ergebnisse der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage unter knapp 2000 Unternehmen in Niedersachsen vorstellte. Das bedeutet: „Mit der Eindämmung der Pandemie wird die niedersächsische Wirtschaft kräftig wachsen“, so Bielfeldt. „Insgesamt rechnen wir für Niedersachsen mit einem Wachstum von 3,5 bis 4 Prozent und 60.000 neuen Arbeitsplätzen.“

Zunächst allerdings spiegeln sich in den Umfrageergebnissen die aktuellen Probleme. Außer Corona belasten Lieferprobleme, Energie- und Rohstoffpreise sowie der wieder mehr und mehr spürbare Fachkräftemangel den Konjunkturklimaindikator. Der sank im vierten Quartal erneut, und zwar auf 106 Punkte nach 111 im Spätsommer. Damit liegt der Indikator aber immer noch über dem langjährigen Durchschnitt. Und Maike Bielfeldt wies auch darauf hin, dass die Geschäftslage nach den IHKN-Zahlen aktuell eher mit der Situation Anfang 2020, die von Corona noch weitgehend unbeeinflusst war, vergleichbar ist als mit dem Jahresbeginn 2021.

Branchen unterschiedlich betroffen

Je nach Branche ist die Wirtschaft aber sehr unterschiedlich betroffen. Geradezu dramatisch entwickelte sich der Konjunkturklimaindikator für das Gastgewerbe, der von 125 im Herbst auf aktuell 51 einbrach. Dafür sorgen abgesagte Weihnachtsfeiern in der ansonsten umsatzstärksten Jahreszeit und auch die Verunsicherung der Gäste. Auch für den innerstädtischen Handel führten die – zum Teil sich schnell ändernden – Einschränkungen zu erheblichen Umsatzausfällen.

Dagegen befindet sich die Industrie weiterhin im Aufschwung und meldet einen weiter steigenden Auftragsbestand – der aber zum Beispiel wegen fehlender Computerchips nicht abgearbeitet werden kann. Hier schlagen die Probleme in den Lieferketten durch. Noch spürbarer für die Unternehmen als verschobene Aufträge sind aber nach den Ergebnissen der IHKN-Umfrage andere Folgen der Engpässe: höhere Einkaufspreise, längere Wartezeiten und auch ein gestiegener Planungsaufwand. Die Unternehmen reagieren auf die Situation vielfach mit Preiserhöhungen für ihre Kundinnen und Kunden. Aber viele sind auch auf der Suche nach neuen Lieferquellen und erhöhen ihre Lagerkapazitäten.

In der Bauwirtschaft ist die Lage ähnlich: Die Auftragsbücher sind voll, das Material aber ist knapp. Und die Branche ächzt noch mehr als andere Bereiche der Wirtschaft unter Personalmangel.

Probleme bleiben vorerst bestehen

Auch beim Ausblick auf die kommenden Monate bleiben die Probleme gleich. Top-Risiken aus Sicht der Unternehmen sind weiterhin die Energie- und Rohstoffpreise und der Fachkräftemangel. Der Anteil der Unternehmen, die hier Gefahrenpotenzial sehen, hat sich gegenüber der Situation vor Jahresfrist geradezu sprunghaft erhöht. Immerhin: „Bei einer Normalisierung der Lieferketten werden sich auch die Rohstoffpreise wieder abschwächen“, so IHKN-Hauptgeschäftsführerin Bielfeldt. Sie rechnet aber noch für das gesamte Jahr und möglicherweise auch noch zum Teil 2023 mit Engpässen. Hinzu kommen Unwägbarkeiten, wenn etwa durch die Null-Covid-Strategie ganze Häfen gesperrt und damit Transportwege blockiert würden.

Unternehmen wollen investieren

Aber auch angesichts solcher Risiken sieht Bielfeldt die Wirtschaft in Niedersachsen gut aufgestellt. Ohne die Corona-Welle, ohne Lieferengpässe ergäbe sich ein sehr gutes Konjunkturbild, aber auch mit diesen Belastungen sei es stabil. Die Wirtschaft habe das Vor-Corona-Niveau zwar noch nicht erreicht, aber die Industrie sei in der Aufholjagd. Beleg dafür sind auch die weiter steigenden Investitionspläne. Interessant dabei der Blick auf die Gründe, weshalb Unternehmen in Niedersachsen derzeit investieren wollen. Ganz oben steht dabei der Ersatz für bestehende Anlagen. Aber bereits die Kapazitätsausweitung rückt stärker in den Vordergrund. Noch deutlicher entwickelt sich eine andere Ursache für Investitionen, und das schon seit mehr als drei Jahren: Umweltschutz. Die IHKN-Zahlen zeigen aber auch, dass Produktinnovationen derzeit weniger zu Investitionen führen.

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