Eigentlich ging es um die Vorstellung der aktuellen Top-100-Liste der niedersächsischen Unternehmen. Die Nord/LB verband das aber mit einer ersten vorsichtigen Konjunkturprognose. Und der Chefvolkswirt prägte ein neues Wort.

Ein „Rezessiönchen“: Das ist es, was Deutschland aus Sicht der Nord/LB im kommenden Jahr zu erwarten hat. Eine endgültige Prognose der Bank kommt zwar erst Mitte Januar. Aber Chefvolkswirt Christian Lips, der an der Seite von Nord/LB-Vorstand Christoph Dieng im Dezember die aktuelle Liste der 100 größten niedersächsischen Unternehmen vorstellte, nutzte das für einen ersten Konjunkturausblick auf 2023. Mit minus 0,6 Prozent für das deutsche Bruttoinlandsprodukt bewegt sich Lips dabei  im Mittelfeld der Vorhersagen. Der Sachverständigenrat etwa ist mit minus 0,2 Prozent noch optimistischer. Aus Sicht der Nord/LB wird die deutsche Wirtschaft lediglich im Winterhalbjahr schrumpfen. Sie käme dann, so Lips, mit einem blauen Auge davon und würde „eben nicht abstürzen.“

Bessere Ausgangslage als noch vor Monaten

Die Ausgangssituation für die deutsche Wirtschaft sei jedenfalls deutlich besser als noch vor einigen Monaten zu erwarten war, sagte Lips. Volle Speicher, Einsparungen, ein bislang milder Winter sprechen zurzeit dafür, dass es nicht zu einem Gas-Notstand kommen könnte – „nicht in diesem Winter“, schränkte der NordLB-Konjunkturexperte ein. Der Bau des Flüssiggasterminals zeige, dass man viel schaffen könne, „wenn der Druck groß genug ist.“

Weiter vorsichtig trotz besserer Stimmung

Vor diesem Hintergrund habe sich zuletzt auch die Stimmung in der Wirtschaft aufgehellt. Allerdings ist aus Sicht der Nord/LB-Beobachter weiterhin Vorsicht angesagt: Es sei jedenfalls noch zu früh, einen nachhaltigen Stimmungsumschwung auszurufen. Selbst wenn bei der Inflation im Euro-Raum möglicherweise im Herbst ein Gipfel erreicht worden sei.

Unternehmen nach Corona mit Aufholjagd

Die jährlich aktualisierte Nord/LB-Liste der größten Unternehmen Niedersachsens beruht auf den Geschäftszahlen des vergangenen Jahres. 2021 sei für viele Unternehmen von großen Aufholeffekten nach dem Corona-Jahr geprägt gewesen, erklärte Christoph Dieng, im Nord/LB-Vorstand unter anderem für Risikomanagement zuständig. Wachstumsmotoren waren das verarbeitende Gewerbe mit einem realen Umsatzplus von 3 Prozent sowie Dienstleistungen und Handel mit 2,8 Prozent. Die starke Spreizung zwischen nominalen und realen Zuwächsen zeigt sich beispielsweise beim Bau: nominal legte die Branche, lange Zeit eine verlässliche Konjunktursäule, um 8 Prozent zu. Real kam ein Rückgang um 0,4 Prozent für 2021 heraus. Für ein solches Auseinanderklaffen zwischen realen und nominalen Werten müsse man schon bis in die 50er Jahre zurückblicken, so Christian Lips.

„Beeindruckendes Comeback“

Die 100 größten Unternehmen Niedersachsens haben 2021 insgesamt rund 440 Mrd. Euro umgesetzt, etwa zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. Nord/B-Vorstand Dieng sprach von einem beeindruckenden Comeback, verbunden auch mit einem Personalzuwachs. Der blieb bei einem Plus von etwa einem Prozent, was nach Ansicht der Bank-Experten darauf zurückzuführen ist, dass aufgrund der Arbeitsmarkt-Maßnahmen, in erster Linie Kurzarbeit, der Rückgang in der Hochphase der Corona-Pandemie nicht so stark gewesen sei.

VW  mit weitem Abstand – und dann 49 weitere

Innerhalb der Liste der größten Unternehmen gibt es vergleichsweise wenig Bewegung. Sowohl gemessen am Umsatz als auch an der Wertschöpfung liegt natürlich der VW-Konzern weit vorn, gefolgt vom „ewigen Zweiten“ (Lips) Continental. Auf unterschiedlichen Plätzen unter den Top Zehn folgen jeweils die Salzgitter AG, der Drogerie-Riese Rossmann oder die Dax-Aufsteiger Symrise und Sartorius. Je nach Branche ergeben sich teilweise aber auch deutliche Unterschiede zwischen der Platzierung nach Wertschöpfung und nach Umsatz. Die TÜV Nord AG schafft es gemessen an der Wertschöpfung auf Platz 10, beim Umsatz liegt der Prüfkonzern auf Rang 32. Umgekehrt schaffen Handelsunternehmen wie der Baumarktriese Hagebau oder der Mineralöl-Großhändler Wilhelm Hoyer beim Umsatz auf die vorderen Ränge. Eine Veränderung ist angesichts der großen Betroffenheit der Branche durch Corona sofort nachvollziehbar: Der Reisekonzern TUI ist in der Umsatzliste von Platz 3 auf 11 gerutscht und taucht in der Wertschöpfungsliste für 2021 gar nicht erst auf. Dort schaffte es die bislang gar nicht erfasste EW Group GmbH, ein Life-Sciene-Unternehmen im Bereich Tiermedizin aus Visbek, sofort auf Rang 9.

Hannover im Zentrum – starke IHK-Region

In der Liste wird auch die regionale Verteilung der Großunternehmen in Niedersachsen deutlich. Von den 50 wertschöpfungsstärksten Firmen in Niedersachsen kommen 29 aus dem Bereich der IHK Hannover, mit der Landeshauptstadt als Zentrum. Das zeigt sich noch ausgeprägter im Bereich der Versicherungswirtschaft: Sieben der zehn größten Versicherer, darunter die vier beitragsstärksten, haben ihren Sitz in Hannover.

Die 100 größten Unternehmen in Niedersachen: Hier geht es zur Liste.

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