Eine verlässliche Wirtschaftspolitik: Das brauchen die Unternehmen in Niedersachsen jetzt vor allem. Und außerdem endlich weniger Bürokratie. Manche Daten der aktuellen IHKN-Konjunkturumfrage deuten zwar leicht nach oben. Aber noch fehlt das Vertrauen, dass dieser Trend nachhaltig ist.

 

Selten waren die Ergebnisse einer IHKN-Umfrage so widersprüchlich. Der  Konjunkturklimaindikator ist zwar im ersten Quartal  erneut gestiegen, um sieben auf jetzt 84 Punkte. Aber die Geschäftslage hat sich Anfang des Jahres weiter verschlechtert. Die leichte Aufwärtsbewegung geht vielmehr allein auf das Konto besserer Erwartungen für die kommenden Monate. Ob sich diese Einschätzung allerdings bestätigt, ist noch ungewiss.

Klimaindikator auf niedrigem Niveau

Für dieses Jahr jedenfalls erwartet Dr. Mirko-Daniel Hoppe, Konjunkturexperte der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern, noch keine wirkliche Erholung. Trotz des Anstiegs bleibt der Konjunkturklimaindikator  auf niedrigem Niveau. Und bei der Geschäftslage geht die Schere noch einmal weiter auseinander: Aktuell beurteilen 27 Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Situation als schlecht. Dagegen antworten 18 Prozent mit gut – dazwischen liegen jetzt 9 Prozentpunkte gegenüber 5 im vergangenen Winter. „Konsum schwach, Exporte stocken, fehlende staatliche Nachfrage angesichts leerer Kassen“, fasst Hoppe die Gründe zusammen.

Auch für den etwas aufgehellten Ausblick gibt es Gründe: die zuletzt rückläufigen Energiepreise und die niedrigere Inflation, außerdem die robuste Beschäftigung mit der Erwartung, dass sich auch die Tarifabschlüsse der vergangenen Monate bemerkbar machen. Trotzdem sieht Hoppe keine wirkliche Zuversicht in der niedersächsischen Wirtschaft. Zudem sorgen sich jetzt Unternehmen verstärkt um die Inlandsnachfrage: Dass sich dieser Aspekt so nach vorne geschoben hat, sei ein überraschendes Ergebnis der aktuellen IHK-Erhebung gewesen, machte Hoppe deutlich.

Exporterwartungen leicht abgeschwächt

Selbst wenn sich die Lage bei den Auftragseingängen der Industrie auf weiter niedrigem Niveau etwas verbessert hat, auch wenn wieder mehr Unternehmen planen, mehr Mitarbeitende einzustellen (die sie aber vielleicht angesichts des Fachkräftemangels gar nicht finden), selbst wenn selbst die Investitionspläne wieder leicht nach oben zeigen: Es reicht nicht als Grundlage für eine konjunkturelle Wende. Und die so wichtigen Exporterwartungen der niedersächsischen Unternehmen haben sich zuletzt wieder abgeschwächt.

Größtes Konjunkturrisiko aus Sicht der Unternehmen sind jetzt nahezu unangefochten die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen: Zwei Drittel der Unternehmen sehen das so, deutlich mehr als noch vor einem Jahr. Dabei werden nach den Ergebnissen der IHKN-Umfrage vor allem zwei Probleme zur Investitionsbremse: fehlende Verlässlichkeit der Wirtschaftspolitik und die überbordende Bürokratie. Das sind aus Sicht der Wirtschaft zurzeit die entscheidenden Ansatzpunkte, um wieder mehr Investitionen zu ermöglichen. Die weitaus meisten Unternehmen in Niedersachsen sehen das so.

Bürokratieabbau noch ohne Wirkung

Dabei sieht die Wirtschaft auch in den letzten Bemühungen, die Bürokratielast zu verringern, noch keinen Erfolg. „Abbau? Das wird in den Unternehmen anders wahrgenommen“, so Mirko-Daniel Hoppe. Dabei geht es in erster Linie um die Fülle der Regeln und Aufgaben, die zu erfüllen sind. Nach den Ergebnissen der Umfrage haben deutlich weniger Unternehmen Probleme mit den Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Jedes dritte Unternehmen hat im vergangenen Jahr Investitionen zurückgestellt. In der Industrie waren es 44 Prozent, im Verkehrssektor fast 50. Bei der Frage nach dem Warum stehen die von der Politik verursachten Unsicherheiten mit 70 Prozent ganz oben: „Leider beeindruckend deutlich“, so Mirko-Daniel Hoppe. Selbst die Energiekosten oder der Fachkräftemangel fallen derzeit deutlich weniger ins Gewicht.

Zukunftsfähigkeit steht auf dem Spiel

Bei den Investitionen geht es aber um nichts weniger als die Zukunftsfähigkeit des Standorts. IHK-Experte Hoppe macht das an den Investitionsgründen deutlich: „Was wir eigentlich brauchen, sind Investitionen in Produktinnovationen.“ Hier ist aber allenfalls eine Stagnation zu erkennen: „Wir warten auf eine Trendumkehr – die aber nicht kommt“, so Hoppe. Weiteres Beispiel: Investitionen in den Umweltschutz. Dabei gibt es einen Abwärtstrend: Erklärlich, wenn die Unternehmen befürchten, dass die Politik nicht an ihren einmal getroffenen Entscheidungen festhält und sich Investitionen sich so als unrentabel erweisen.

Aus Sicht der Industrie- und Handelskammern ist jetzt die Politik am Zug, um die Bedingungen für Unternehmen zu verbessern. „Der Wirtschaftsstandord erodiert durch hohe Energiepreise, marode Infrastruktur, hohe Unternehmensteuern und einen zunehmenden Fachkräftemangel“, heißt es in der Konjunkturmeldung der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern. „Die Unternehmen sehen als größte Hindernisse für Investitionen aber insbesondere die unstete Wirtschaftspolitik un eine stetig anwachsende Belastung durch immer neue Vorschriften und Vorgaben.“

Unter dem Strich: Fehlendes Vertrauen in die Wirtschaftspolitik sorgt dafür, dass es auch noch kein Vertrauen in eine wirtschaftliche Erholung gibt. „Wir wollen keine Weltuntergangsstimmung verbreiten“, so Hoppe. Aber grundlegende, auch geopolitische verursachte Probleme bleiben bestehen, von den Energiepreisen über internationale Krisenherde: „Es fehlt an Impulsen. Zumindest an positiven.“

 

 

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