Die Sparkasse Hannover gehört zu den größten und ältesten in Deutschland. Seit 200 Jahren ist sie Teil der heutigen Landeshauptstadt. Eine lange Zeit beständigen Wandels

Immer da, aber beständig anders: Vielleicht lassen sich zwei Jahrhunderte Sparkassen-Geschichte so verdichten. Wenn man sämtliche Umbrüche in dieser langen Zeit überstanden hat, dann zeigt das, „wie stabil ein Grundgeschäftsmodell ist, das sich 200 Jahre nicht gewandelt hat.“ Sagt Volker Alt, heute Vorstandschef der 1823 gegründeten Sparkasse Hannover. Um nur einen dieser Umbrüche zu nehmen: Als in Deutschland die Hyperinflation des Jahres 1923 tobte, blickte die Sparkasse schon auf ein Jahrhundert ihres Bestehens zurück. Und bei ihrer Gründung hieß der hannoversche König Georg IV. und regierte in London. Eingezahlt wurden bei der neuen „Spar- und Leih Casse in der Königlichen Residenzstadt Hannover“ in den ersten Monaten 3997 Taler, 21 Groschen und 3 Pfennige.

Über 1900 Beschäftigte und 20 Milliarden Bilanzsumme

Der Kern des Sparkassen-Geschäfts bis heute: Spareinlagen einsammeln und Kredite ausgeben, regional, vor Ort. Einfach eigentlich, aber „trotzdem trägt das über alles hinweg“, meint Alt. Heute ist Hannover mit einer Bilanzsumme von mehr als 20 Mrd. Euro und mehr als 1900 Beschäftigten die sechstgrößte Sparkasse in Deutschland. Beständig anders: Der Weg bis hierhin ist mit Veränderungen nur so gepflastert. Die schon nicht mehr ganz junge Kasse lebte auf, als sie ab Mitte der 1890er Jahre die Einlagen, die bis dahin an die Stadtkämmerei flossen, selbst verwalten durfte. Vielleicht war das der entscheidende Schritt von einer eng mit der Stadtverwaltung verquickten Geldaufbewahrungsstelle im hannoverschen Rathaus zu einem Kreditinstitut. Allerdings: Noch Mitte der 20er Jahre taucht die Sparkasse in der Gründungsliste hannoverscher Banken nicht auf, galt offenbar noch als Sonderfall.

Die Chronisten streiten sich, ob in den ersten Jahrzehnten die Geschäfte überhaupt so richtig gut liefen oder nicht. Etwa 4000 Sparkassenbücher gab es um 1830 in Hannover. Rund 60 Jahre später hatte sich die Zahl etwa verdreifacht: Damit sei die Einrichtung noch nicht über den Umfang einer kleinen Kasse hinausgekommen, heißt es rückblickend in einem Aufsatz. Zumal in Hannover nicht nur eine große Zahl Banken unterwegs war, sondern auch Sparkassen in Linden und vor allem die offenbar ziemlich erfolgreiche Sparkasse der Kapital-Versicherungsanstalt. Sie gingen aber alle in der Sparkasse Hannover auf: die Lindener Stadtsparkasse zum Beispiel 1918, die Kasse der Kapital-Versicherung 1943.

Fusion von Kreis- und Stadtsparkasse

Bis zum ganz großen Zusammenschluss dauerte es dann weitere 60 Jahre: 2003 wurden die Stadtsparkasse und die Kreissparkasse zusammengeführt. „Zwei selbstbewusste Institute“, sagt Volker Alt, der selbst seit Ende 2019 in Hannover ist. Auch die 1878 gegründete Kreissparkasse hatte eine Fusionsgeschichte hinter sich, zuletzt nach der Gebietsreform mit Burgdorf, Neustadt und Springe. Selbstbewusste Institute und mit nicht weniger selbstbewussten Menschen an der Spitze: Der Zusammenschluss verlief zunächst ruckelig und erforderte ein Machtwort der kommunalen Träger samt Neubesetzung des Vorstands. Die über Jahrzehnte entstandene Sparkasse Hannover hat heute eine „sehr komfortable Größe“, sagt Volker Alt: „Groß genug, um das Geschäft zu machen, das wir machen wollen.“

In einem Geschäftsgebiet, das ebenfalls groß genug ist, auch homogen genug, mit einer Universitäts- und Landeshauptstadt im Zentrum und einem starken Umfeld drumherum, mit ausreichend Möglichkeiten für weiteres Wachstum auch ohne weitere Übernahmen oder Zusammenschlüsse. Im Kreditgeschäft legte die Sparkasse in den vergangenen Jahren regelmäßig zwischen fünf und acht Prozent zu, auf einen Bestand von zuletzt rund 15 Mrd. Euro an Kundenkrediten. Sehr zufrieden sei er mit dieser Entwicklung, sagt Volker Alt. Abgesehen davon: Weiteres Wachstum könnte zusätzliche regulatorische Anforderungen bringen. Auch ein Grund, sich in der aktuellen Größe wohlzufühlen.

Ein halbes Dutzend Staatsformen, nach Taler und Groschen verschiedene Varianten der Mark, heute der Euro, eine Fülle verschiedener Namen „Man unterstellt Sparkassen, dass sie ein bisschen bieder sind.“ Sind sie, selbstverständlich, aus Sicht des Vorstandschefs nicht. Als eine der ersten Sparkassen in Deutschland nutzte die hannoversche Stadtsparkasse ab 1914 Buchungsmaschinen. Gut ein Dutzend Jahre zählt die Sparkasse 74 Arbeitskräfte, mit 69 aber fast ebenso viele Maschinen, davon zwei Drittel Buchungsmaschinen.

Buchungsmaschinen als Beginn der Automatisierung

Nicht mehr als ein Hauch von Automatisierung gegenüber dem, woran die Sparkasse heute arbeitet. Menschen kommen heute nicht mehr unbedingt in, sondern vor allem zu ihrer Bank – selbst für eine so weitreichende Bindung wie die Finanzierung eines Hauses. Eine Entwicklung, die durch Corona noch beschleunigt wurde. Die Antwort ist eine Filiale, deren Kundinnen und Kunden hauptsächlich per Videotelefonie mit ihren Beratenden sprechen. Bei der Sparkasse heißt das Beratungscenter Direkt. Deren Ursprünge reichen bis 2017 zurück, heute gibt es fünf – 70 Prozent finden die mediale Betreuung sehr gut oder zumindest gut: Kein Callcenter, sondern feste Beraterinnen und Berater auch in der Online-Geschäftsstelle, und eineAnsprache auf Augenhöhe.

Sparkassen-Chef Volker Alt.

Volker Alt sieht diesen Wandel mit einer gewissen Gelassenheit, vielleicht gerade mit Blick auf das Jubiläum. Das Kundenverhalten hat sich in den vergangenen 200 Jahren immer wieder geändert, die Sparkasse sich angepasst: „Wir stellen immer den Bedarf unserer Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt. Das wird unseren Erfolg auch in der Zukunft sichern.“ Für den Ausbau des Filialnetzes in den 60er und 70er Jahren sei ein denkbarer Grund der Abschied von der Lohntüte und damit verbunden ein zunehmend größerer Einfluss der Frauen auf das Familieneinkommen, samt eigenem Beitrag: Man brauchte nun eine Bank in der Nähe.

Obwohl Kundinnen und Kunden immer mehr ihre Bankgeschäfte online abwickeln, investiert die Sparkasse aber auch heute in ihr Netz von gut 70 Geschäftsstellen in der Region: zwischen 2020 und 2025 rund 45 Mio. Euro. Im vergangenen Jahr sei es gelungen, gegen den Trend bei jungen Kundinnen und Kunden zu wachsen. Beratung auf Augenhöhe gibt die Sparkasse als Ziel vor und verweist auf hohe Zufriedenheitswerte bei den entsprechenden Umfragen.

Ihre Filialen sieht die Sparkasse auch als klares Bekenntnis zum jeweiligen Standort und damit zu ihrem Geschäftsgebiet. Diese Verbindung hat aber auch eine zweite Seite, die natürlich ein Grund für die Beständigkeit des Geschäftsmodells ist, bei aller Veränderung über 200 Jahre hinweg. Hinter der Bank steht heute die Region Hannover als Trägerin. Die Idee einer kommunalen Sparkasse ist nur wenig älter als die Sparkasse Hannover: 1801 wurde die erste gegründet, in Göttingen und damit ebenfalls im Königreich Hannover.

Wie wichtig das sein kann, zeigte sich nach 1975 in der bundesweit beachteten Affäre um Willy Fascher, den damaligen Chef der Stadtsparkasse Hannover: Die Stadt musste mit 30 Mio. Mark einspringen, kurz nach dem Umzug der Bank in das heute silbrig glänzende Hochhaus hinter dem hannoverschen Bahnhof.

Vielstimmiges Grundmotiv des Jubiläumsjahres

Der Region etwas zurückgeben, sie „stark machen“, so das Grundmotiv des Jubiläumsjahres. Das geht über den Ursprung der Sparkassenideen, Menschen zum Sparen zu bewegen, längst hinaus. Rund 3 Mio. Euro fließen jährlich aus der Sparkasse beispielsweise in die Kultur oder den Breitensport. Fast 70 Vereine wurden in diesem Jahr bereits aus dem in diesem Jahr auf 200 000 Euro verdoppelten Sportfonds unterstützt. Und 22 Lastenräder wurde an gemeinnützige Einrichtungen verlost: Das passt zu einer jungen, diversen, bunten Zielgruppe, heißt es bei der Sparkasse. Und vielstimmig ist auch die zentrale Jubiläumsaktion:Im Mittelpunkt stehen dabei die Chöre der Region.

 

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