Wieder gilt Skandinavien als Vorreiter, wenn es um die nächste Mobilfunk-Generation geht. Grund genug, dorthin zu blicken. Das macht naturgemäß der Skandinavische Wirtschaftsverein und holt im Juni Vertreter von Nokia nach Hannover. Thema: 5G in der Logistik. Drei Fragen an Martin Beltrop, der für den finnischen Konzern in München arbeitet.

Herr Beltrop, wenn wir über die Infrastruktur der Digitalisierung sprechen, gelten die nordischen Länder als Vorzeigeregion. Wie groß ist der Vorsprung der nordischen Länder, insbesondere auch im Hinblick auf 5G?
In den USA und in Südkorea hat der Ausbau schon begonnen, aber auch Europa schläft nicht. Allerdings ist in vielen europäischen Ländern das benötigte 5G-Funkspektrum noch gar nicht vergeben, hier sind den Netzbetreibern (und uns) also noch die Hände gebunden. Nordeuropa ist traditionell früh beim Ausrollen einer neuen Netzgeneration mit dabei und das ist auch diesmal so. Wir werden aber auch in einigen anderen Ländern Europas, wie etwa Österreich und der Schweiz, frühzeitig 5G-Netze sehen, teilweise bereits in diesem Jahr. In anderen Ländern wird es noch etwas länger dauern.

Was bedeutet 5G für die Logistik?
Wenn wir über 5G lesen, steht meist der Smartphone-Nutzer im Hindergrund, der mehr Bandbreite und Kapazität bekommen wird. 5G ist aber weit mehr als 4G plus eins. Mehr Bandbreite und Kapazität ist nur ein Merkmal von 5G. Mit 5G können wir die Übertragungsverzögerung – die Latenz – bis auf eine Millisekunde verringern und 5G bringt Mechanismen mit, die für mehr Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit sorgen. Damit werden neue Anwendungen etwa im industriellen Bereich möglich, wie die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine. Wenn hier die Maschine zeitverzögert reagiert, kann das zu Problemen führen oder sogar für den Menschen gefährlich werden. Auch die hohe Zuverlässigkeit ist ein Muss für die Industrie. Wir werden diese neuen Anwendungen nicht nur in der Industrie sondern in beinahe allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen sehen und wir erachten deshalb 5G als einen wichtigen Motor der 4. Industriellen Revolution insgesamt.

Wenn wir über die industrielle Anwendung von 5G sprechen, werden tatsächlich noch drei bis vier Jahre ins Land ziehen. Maßgebend ist hier der Status der Standardisierung, die beispielsweise wichtige Eigenschaften und Funktionen definiert und dafür sorgt, dass Geräte unterschiedlicher Hersteller miteinander kommunizieren können. Die für die Industrie relevanten 5G-Eigenschaften sind noch nicht standardisiert. Das geschieht erst im kommenden Jahr, und dann müssen auf dieser Basis Chipsätze, Endgeräte, etc. entwickelt werden. Bis dahin kann 4G / LTE jedoch gute Dienste leisten und bereits heute viele industrielle Anwendungsfälle abdecken.

Speziell im Bereich Logistik lassen sich durch den Einsatz von 5G Vernetzungstechniken hohe Effizienzsteigerungen erreichen. Ein wichtiger Anwendungsfall sind selbstfahrende Roboter und Gabelstapler in den Lagerhäusern. Eine hochverfügbare Vernetzung mit hoher Datenrate ist hier unerlässlich um diese Systeme effizient und sicher steuern zu können. Jedoch profitieren auch die in den Lagern arbeitenden Menschen von 5G Technologie: Der 5G-vernetzte Arbeiter kann so effizienter arbeiten und lokalisiert, bzw. gesteuert werden. Durch die Verbindung mit den Kontrollsystemen kann er mit automatischen Systemen und Robotern kollaborieren.

Zusätzlich lassen sich mit 5G alle beweglichen, vernetzten Teile im Lager nachverfolgen, so dass zu jeder Zeit im Kontrollraum eine komplette Situation in der Lagerhalle dargestellt werden kann und die Abläufe gelenkt werden können. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz Algorithmen erlauben diese Daten dann eine Optimierung sowohl der Logistik Prozesse als auch der Einsatzpläne der Lagerarbeiter.

Wie ist Nokia im Bereich 5G aufgestellt?
5G ist da und wir sind voll dabei. Nokia hat inzwischen bereits 37 kommerzielle 5G-Deals vorzuweisen. Zuletzt haben wir unter anderem kommuniziert, dass sich Elisa in Finnland und A1 in Österreich bei 5G für Nokia entschieden haben. Teilweise sind wir bei unseren Netzbetreiberkunden bereits dabei 5G auszurollen, teils startet der Infrastrukturaufbau später in diesem Jahr oder im kommenden Jahr.

Aus Technologie-Sicht verfügt Nokia über ein sogenanntes Ende-zu-Ende Portfolio für 5G, das heißt, wir können nicht nur die Funknetze bauen, über die „Endgeräte“ wie Smartphones, Sensoren, aber auch Fahrzeuge, Maschinen angebunden sind. Wir bauen genauso die Kernnetze der Netzbetreiber, die Transportnetze, die Cloud-Technologie und wir bieten auch Software, Beratung und Services an. 5G ist weit mehr als nur ein Funknetz. Die Netzarchitektur (der Aufbau des Netzes) ist ein anderer. Das wird häufig unterschlagen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Sie benötigen eine leistungsfähige Glasfaser-Infrastruktur, um die Daten aus dem 5G-Funknetz entsprechend weitertransportieren zu können. Dieses umfassende Portfolio ist eines der Alleinstellungsmerkmale von Nokia.

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